die cookste Ess-Site Deutschlands

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Dienstag, 4. März 2008

Was mach' ich bloß hier - über den Einfluss des gemeinsamen Erwärmens von Lebensmittel auf die Gesellschaft

Single-Kochen

 

Jetzt, nach dem der Hildegard-Event am 28.2.2008 gekocht wurde, freue ich mich auf das nächste Projekt: Single Kochen.

 

 

Die Vorgeschichte

 

Ich erinnere mich noch an meinen ersten Event, den ich außerhalb unseres Unternehmens veranstaltet habe. Er hieß "wine and dine" und fünf Teams haben fünf Gänge gekocht. Es kamen einige Leute, vor denen ich eigentlich Respekt haben sollte und es fällt mir eigentlich schwer bei so was über meinen eigenen Schatten zu springen.

 

Aber wenn es dann losgeht mit "Können Sie mit bitte das Salz reichen..." und „...das machen sie ja unglaublich professionell..." dann fehlt so ein Tick die Gemütlichkeit – oder anders ausgedrückt: Förmliches ist mir beim Kochen zuwider. Heute, mit etwas mehr Erfahrung, kläre ich das gleich bei der Begrüßung aber damals war ich auf der Lernkurve noch nicht so weit. Trotzdem ist es aber ein lockerer Abend geworden weil es genau 10 Minuten gedauert hat, bis alle förmlichen Barrieren niedergerissen waren und alle per Du waren.

 

 

"Was mache ich bloß hier...?"

 

Auf den nächsten Kochsessions habe ich immer wieder die gleiche Erfahrung gemacht. Nach dem Briefing kläre ich das für meine Person "... wenn jemand Fragen, versuche ich zu helfen, mein Name ist Martin" und alle anderen sind dann froh, wenn es dann am Herd zugeht wie bei Freunden und nicht wie bei einem Akquisitionsgespräch in der Bank (das war jetzt nichts gegen Banker, die können sehr locker sein).

 

Ich habe das dann einmal verfolgt. Der Anfang unserer Küchenpartys ist immer etwas verklemmt. Weil keiner der Erste sein will kommt der Erste eine viertel Stunde zu spät und ärgert sich, der Erste zu sein. Nach und nach kommen dann die anderen Teilnehmer und alle stehen mit der Botschaft im Gesicht "Was um alles in der Welt hat mich dazu gebracht hier her zu gehen?".

 

Dann kommt die alles entscheidende Phase des Briefings (freie Rede zum Thema, zur Location, zur Dauer, zur Begrenztheit der Ressource "Wasser" und schließlich der Hinweis "...schlage ich vor, dass als vertrauensbildende Maßnahme alle die Händewaschen bevor wir anfangen zu kochen!"). Und dann, beim Händewaschen, passiert irgendetwas, dass ich nie miterlebt habe aber wohl den restlichen Verlauf des Abends in entscheidendem Maße bestimmt. Alle, die die ersten Minuten peinlich herumgestanden haben, haben sich plötzlich etwas zu erzählen. Die kommen echt von der Toilette zurück und quatschen miteinander, als ob sie sich schon hundert Jahre kennen. Ich habe mir fest vorgenommen, irgendwann mal mitzugehen...

 

 

Die Schlussfolgerung

 

Wenn mich jemand fragt, was ich mache, dann sage ich "Kochkurse". Das ist natürlich falsch. Bei einem Kochkurs soll man ja kochen lernen. Ich kann nicht sagen, ob bei uns schon mal jemand etwas gelernt hat, ich vermute aber schon. Es wird zwar viel erzählt wenn der Tag lang ist - 5 Stunden plus X sind die Regel - aber das pädagogische steht nicht im Vordergrund. Auch freut sich jeder, wenn es etwas zu Essen gibt, aber auch das ist nicht die Hauptattraktion. Das Wesentliche auf den Events ist, dass genau das kultiviert wird, was auf jeder guten Party zu beobachten ist, nämlich, dass alle in der Küche stehen. Das ist immer der Raum mit dem geringsten Platz aber den begehrtesten Plätzen. Da kommt jeder vorbei, da quatscht man sich immer fest und es gehen nie die Getränke aus. Und in der Regel ist auch die Musik in der Küche leichter zu ertragen. Also, warum Partys nicht ausschließlich in eine Küche verlegen.

 

 

Der Versuch einer Erklärung

 

Da muss das Menü besprochen werden, es wird gemeinsam überlegt, wie man vorgeht, wer was in der Gruppe macht, wie man bei der anderen Gruppe schon mal naschen kann, es wird gesucht, gefunden, abgeschmeckt und bewertet. Zwischendrin wird mal ein Glas Prosecco getrunken oder ein Shot auf Bananen-Sharoni-Habanero-Basis (in selteneren Fällen auch mal Wasser), die Raucher haben sich vor der Tür miteinander bekannt gemacht, die Nussallergiker, die Vegetarier, die Rotweintrinker, die Fussball- und die DSDS- und die Sex-in-the-City-Gucker. Alle müssen ja allen miteilen, was geht und was eben nicht geht. Als Bezugspunkt oder als Rückzugsgebiet dient die gemeinsame Aufgabe, das Menü.

 

Einen Einstieg für ein Gespräch oder vielleicht auch nur einen Gesprächsfetzen, gibt es immer. Schließlich haben alle Hunger und wollen etwas essen. Und genau da liegt die Stärke gemeinsamen Kochens: In kürzester Zeit müssen sich Teams bilden, man muss evaluieren, was man dem anderen zutraut, ob auf ihn/sie Verlass ist und wie er/sie sich in der Interaktion benimmt. Zeig mir wie du kochst und ich sage dir wer du bist.

 

Die Alternativen, Kontakte zu knüpfen, sind bekannter Maßen

 

- Kollegen (zu riskant)

- Tanztee (zu alte Teilnehmer)

- Ü-30-Partys (zu laut)

- Speeddating (zu schnell)

- Weihnachtsmarkt (zu selten, zu kalt)

- Sport (zu anstrengend)

- Partnervermittlung (zu teuer)

- Urlaub (in der Regel zu weit weg)

 

Gemeinsam kochen hat den Vorteil, dass man mindestens ein gemeinsames Hobby hat. Ist jemand sympathisch, kann man etwas intensiver miteinander ins Gespräch kommen, funkt es nicht, konzentriert sich jeder auf seine Arbeit. Im ersten Fall verabredet man sich am nächsten Wochenende zum Essen, im anderen Fall freue ich mich, weil mir dann zwei KöchInnen erhalten bleiben...

 

Nein, im Ernst, gemeinsam kochen macht auf jeden Fall mehr Spaß als alleine, man lernt immer ein Dutzend Leute kennen und erspart sich die Peinlichkeiten über das Wetter reden zu müssen oder über den Ausgang des letzten Formel-1-Rennens (wo man doch bekennender Klimaschützer ist). Zusammen am Herd entsteht eine lounge-ige (?) Atmosphäre, kein Stress, kein Druck, und wenn einer auf den Putz haut, zeigt sich ziemlich schnell, ob er was "auf der Pfanne hat" oder nicht.

 

Deshalb der Versuch, neben den professionellen Team-Building-Veranstaltungen auch private Netzwerke zu knüpfen.

 

Deshalb let's cook

 

ms

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